Wenn du eine Immobilie besitzt oder kaufen möchtest, stellt sich früher oder später die Frage nach dem Wert der Immobilie. Die Immobilienbewertung ist entscheidend, um einen realistischen Verkehrswert (Marktwert) zu ermitteln – sei es für den Verkauf, den Kauf, zur Finanzierung durch die Bank oder im Falle einer Erbschaft. Eine korrekte Wertermittlung schützt dich davor, Geld zu verschenken oder zu viel zu bezahlen. Es gibt in Deutschland drei anerkannte Verfahren zur Wertermittlung: das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren .
Jedes Verfahren hat seinen Anwendungsbereich. In diesem Beitrag erklären wir dir die Unterschiede, zeigen praxisnahe Rechenbeispiele und geben dir eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du den Verkehrswert berechnen kannst. Außerdem erfährst du, wann eine Immobilienbewertung online ausreicht und wann ein Gutachter sinnvoll ist. Tipp: Am Ende findest du einen Immobilienbewertung-Rechner, mit dem du den Wert deiner Immobilie bequem selbst berechnen kannst!
Inhaltsverzeichnis
- Immobilienwert ermitteln mit unserem Rechner – kostenlos
- Ertragswertverfahren: Wert aus Mieterträgen berechnen
- Sachwertverfahren: Substanzwert und Herstellungskosten
- Vergleichswertverfahren: Wert durch Vergleich mit ähnlichen Objekten
- Vergleich der Immobilienbewertungsverfahren auf einen Blick
- Online-Bewertung vs. Gutachter: Was ist der richtige Weg?
- Fazit: So findest du den Wert deiner Immobilie + Tipp
Immobilienwert ermitteln mit unserem Rechner – kostenlos
Berechnen Sie den Wert Ihrer Immobilie mit drei verschiedenen Bewertungsverfahren
Ertragswertverfahren: Wert aus Mieterträgen berechnen
Das Ertragswertverfahren wird immer dann angewendet, wenn eine Immobilie Erträge abwirft – also Mieteinnahmen generiert. Es eignet sich insbesondere für vermietete Wohnhäuser, Mehrfamilienhäuser, Gewerbeimmobilien oder generell für Investoren, die die Rentabilität einer Immobilie bewerten wollen . Im Kern fragt das Ertragswertverfahren: Wie viel ist die Immobilie wert, basierend auf den zukünftigen Mieterträgen?
Allgemeines vs. vereinfachtes Ertragswertverfahren: In Deutschland unterscheidet man das allgemeine und das vereinfachte Ertragswertverfahren. Beide führen nahezu zum gleichen Ergebnis, gehen aber rechnerisch etwas unterschiedlich vor . Beim allgemeinen Verfahren wird zunächst der Bodenwertanteil am Ertrag getrennt: Man zieht vom jährlichen Überschuss einen Betrag ab, der einer Verzinsung des Bodens entspricht. Dadurch erhält man den Gebäudeertrag, der nur vom Gebäude stammt . Dieser wird dann auf die Restnutzungsdauer kapitalisiert (mit einem Barwertfaktor multipliziert), um den Gebäudewert zu erhalten . Anschließend addiert man den Bodenwert wieder hinzu – so ergibt sich der vorläufige Ertragswert . Beim vereinfachten Verfahren wird die Bodenverzinsung nicht vom Ertrag abgezogen. Stattdessen rechnet man mit dem vollen Reinertrag und addiert getrennt den auf den Wertermittlungsstichtag abgezinsten Bodenwert hinzu . Unterm Strich unterscheiden sich die beiden Methoden kaum, das vereinfachte Verfahren ist nur mathematisch etwas einfacher gehalten. In der Praxis bevorzugen viele Gutachter das allgemeine Verfahren, während Online-Rechner oft das vereinfachte Modell nutzen.
Ertragswert in 5 Schritten berechnen
Im Folgenden führen wir dich Schritt für Schritt durch die Berechnung nach dem Ertragswertverfahren. Dieses Beispiel orientiert sich am allgemeinen Verfahren (das vereinfachte würde analog funktionieren). Stell dir eine vermietete Immobilie vor, z.B. ein kleines Mehrfamilienhaus:
1. Jahresrohertrag ermitteln: Zunächst bestimmst du die jährlichen Mieteinnahmen der Immobilie (ohne Nebenkosten). Beispiel: 3 Wohnungen erzielen zusammen 2.000 € Miete pro Monat. Der Jahresrohertrag beträgt also 2.000 € × 12 = 24.000 € pro Jahr.
2. Bewirtschaftungskosten abziehen: Von den Mieteinnahmen werden die laufenden Kosten abgezogen, die nicht auf Mieter umlegbar sind. Dazu zählen z.B. Instandhaltung, Verwaltung, Versicherung, Rücklagen für Leerstand usw. . Nehmen wir an, diese Bewirtschaftungskosten belaufen sich auf 4.000 € pro Jahr. Nach Abzug bleibt ein Jahresreinertrag von 24.000 € – 4.000 € = 20.000 €.
3. Reinertrag der baulichen Anlagen berechnen: Jetzt wird der Anteil des Ertrags ermittelt, der dem Gebäudezuzuschreiben ist. Dazu benötigt man den Bodenwert des Grundstücks und einen marktüblichen Liegenschaftszins(Renditeerwartung). Angenommen, der Bodenwert (z.B. anhand des Bodenrichtwerts ermittelt) beträgt 200.000 € und die marktübliche Verzinsung für solche Objekte liegt bei 5 %. Dann würde allein der Boden jedes Jahr 0,05 × 200.000 € = 10.000 € an Ertrag „erzielen“ (sozusagen die Mietrendite des Bodens). Diesen Betrag zieht man vom Jahresreinertrag ab : 20.000 € – 10.000 € = 10.000 € verbleiben als Gebäudereinertrag (Ertragsanteil, der auf das Gebäude entfällt).
4. Gebäudeertragswert kapitalisieren: Da ein Gebäude nicht ewig hält, wird der Gebäudereinertrag nur über die Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisiert. Hierzu nutzt man einen Barwertfaktor, der die erwartete Ertragsjahre und den Zinssatz berücksichtigt. In unserem Beispiel nehmen wir vereinfachend an, die Restnutzungsdauer beträgt rund 30 Jahre. Für 30 Jahre und 5 % Zins ergibt sich ein Barwertfaktor von etwa 15 (zur Vereinfachung angenommen). Diesen multiplizieren wir mit dem Gebäudereinertrag: 10.000 € × 15 = 150.000 €. Das ist der Ertragswert des Gebäudes.
5. Bodenwert addieren und Verkehrswert erhalten: Im letzten Schritt addierst du den zuvor ermittelten Bodenwertwieder hinzu, da Boden und Gebäude zusammen den Immobilienwert ergeben. 150.000 € + 200.000 € = 350.000 €ergibt den vorläufigen Ertragswert der Immobilie. Gegebenenfalls muss dieser noch an die allgemeine Marktlage angepasst werden und um besondere objektspezifische Merkmale bereinigt werden (z.B. große Bauschäden, Denkmalschutz-Auflagen etc. ). In unserem einfachen Beispiel nehmen wir an, es gibt keine besonderen Zu- oder Abschläge – somit entspricht der Ertragswert dem Verkehrswert von ca. 350.000 €.
Dieses Verfahren zeigt, wie eng der Wert einer Renditeimmobilie mit der Mietrendite verknüpft ist. Als Investor kannst du auch umgekehrt die Mietrendite berechnen, indem du Jahresreinertrag durch den Kaufpreis teilst. In unserem Beispiel wären 20.000 € / 350.000 € = ca. 5,7 % Mietrendite. Je höher die Rendite, desto attraktiver erscheint die Immobilie als Kapitalanlage. Das Ertragswertverfahren liefert so einen sachlichen, nachvollziehbaren Wert und ist meist die beste Wahl, um den Verkehrswert vermieteter Objekte zu berechnen.
Sachwertverfahren: Substanzwert und Herstellungskosten
Das Sachwertverfahren wird oft bei selbstgenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern oder speziellen Objekten angewandt, wenn keine ausreichenden Vergleichspreise vorliegen und die Ertragsorientierung keine große Rolle spielt. Hier steht der materielle Wert der Bausubstanz und des Grundstücks im Vordergrund. Vereinfacht gesagt stellt man die Frage: Was würde es kosten, diese Immobilie heute neu zu bauen? – und passt diesen Wert dann an Alter und Marktgegebenheiten an .
Im Sachwertverfahren betrachtet man drei Komponenten getrennt: den Bodenwert, den Wert des Gebäudes und die Werte eventueller Außenanlagen (z.B. Garage, Garten, Pool) . Für die Bewertung des Bodens greift man wie auch bei anderen Verfahren auf den Bodenrichtwert zurück: Bodenwert = Bodenrichtwert × Grundstücksfläche . Dieser Bodenwert wird dem Gebäude nicht beeinflusst durch dessen Zustand, da das Grundstück unabhängig vom Gebäude bewertet wird.
Für das Gebäude selbst ermittelt man zunächst die Herstellungskosten (Wiederbeschaffungswert) nach Normzahlen. In Deutschland gibt es sogenannte Normalherstellungskosten (NHK), z.B. als NHK 2010, die für verschiedene Gebäudetypen Richtwerte in €/m² angeben . Diese Werte werden mit der Größe des Gebäudes multipliziert, um die Neubaukosten zu schätzen . Anschließend berücksichtigt man die Alterswertminderung: Da Gebäude über die Zeit an Wert verlieren, wird vom Neuwert eine Abschreibung abgezogen, abhängig vom Alter. Üblich ist eine angenommene Gesamtnutzungsdauer von etwa 80 Jahren – pro Jahr altert das Haus also um 1,25 % seines Wertes . Dies kann man linear rechnen: Alter des Gebäudes × 1,25 % = Abschlag vom Neuwert.
Nachdem so der zeitwertbereinigte Gebäudewert feststeht, werden noch die Werte der Außenanlagen hinzugefügt (ebenfalls abzüglich Altersabschreibung). Außenanlagen sind z.B. Stellplätze, Gartenwege, Einzäunung oder ähnliches – alles, was fest zum Grundstück gehört, aber nicht Teil des Hauptgebäudes ist . Summa summarum addiert man:
vorläufiger Sachwert = Bodenwert + Gebäudewert (nach Abschreibung) + Wert der Außenanlagen .
Zum Schluss prüft man, ob dieser vorläufige Sachwert mit der Marktsituation übereinstimmt. Häufig wird ein Marktanpassungsfaktor (Sachwertfaktor) herangezogen, der vom Gutachterausschuss basierend auf Verkäufen ähnlicher Objekte abgeleitet wird . Dieser Faktor >1 oder <1 passt den Sachwert nach oben oder unten an, damit der Sachwert dem Marktwert entspricht. Nach eventueller Marktanpassung erhält man den Verkehrswert im Sachwertverfahren.
Beispiel: Du besitzt ein Einfamilienhaus (Baujahr 2000) mit 120 m² Wohnfläche auf einem 600 m² Grundstück. Angenommen, der Bodenrichtwert beträgt 300 €/m². Bodenwert = 600 m² × 300 €/m² = 180.000 €. Für das Gebäude nehmen wir vereinfachend an, der Neubau würde heute ca. 1.800 €/m² kosten. Herstellungswert = 120 m² × 1.800 €/m² = 216.000 €. Das Haus ist 25 Jahre alt. Pro Jahr werden 1,25 % vom Wert abgezogen, also 25 × 1,25 % = 31,25 %Abschlag. 216.000 € minus 31,25 % ergibt rund 148.500 € als Zeitwert des Gebäudes. Es gibt zudem eine Garage und Gartenanlagen, die wir pauschal mit 15.000 € ansetzen (neu) und etwa 25 % abschreiben auf 11.250 € Zeitwert. Jetzt addieren wir: 180.000 € (Boden) + 148.500 € (Gebäude) + 11.250 € (Außen) = 339.750 € vorläufiger Sachwert. Nun schauen wir auf den Immobilienmarkt in deiner Region: ähnliche Häuser werden z.B. etwa für 350.000 € verkauft. Daher könnte ein Sachwertfaktor von ~1,03 angewendet werden. 339.750 € × 1,03 ≈ 350.000 €. In diesem Beispiel läge der Verkehrswert also bei ungefähr 350.000 €, was mit dem tatsächlichen Marktpreis übereinstimmt.
Das Sachwertverfahren zeigt dir also einen substanziellen Wert deiner Immobilie. Es wird oft genutzt, wenn keine direkten Vergleichspreise verfügbar sind – zum Beispiel bei einzigartigen Objekten oder frisch fertiggestellten Häusern in neuen Gebieten. Beachte aber: in einem überhitzten Markt (stark nachgefragte Lagen) kann der tatsächliche Verkaufspreis auch über dem Sachwert liegen, weil Käufer z.B. Lage und Emotion mitbezahlen. Umgekehrt kann in strukturschwachen Regionen der Sachwert höher sein als das, was Käufer tatsächlich zahlen würden. Daher ist die Marktanpassung so wichtig.
Vergleichswertverfahren: Wert durch Vergleich mit ähnlichen Objekten
Das Vergleichswertverfahren ist intuitiv am leichtesten nachzuvollziehen: Der Wert einer Immobilie wird aus aktuellen Verkaufspreisen vergleichbarer Objekte abgeleitet . Dieses Verfahren kommt besonders bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern zum Einsatz, wenn genügend Vergleichsdaten vorliegen – also z.B. wenn in der Nachbarschaft oder Wohnanlage bereits ähnliche Immobilien verkauft wurden. Auch unbebaute Grundstücke werden in der Regel per Vergleichswert beurteilt.
Man unterscheidet ein unmittelbares und ein mittelbares Vergleichswertverfahren :
• Unmittelbares Vergleichswertverfahren: Hier werden direkt Kaufpreise von wirklich ähnlichen Immobilien herangezogen. Voraussetzung ist, dass die wertbestimmenden Merkmale (Lage, Größe, Baujahr, Zustand, Ausstattung etc.) im Wesentlichen übereinstimmen . Beispiel: In deiner Straße wurde ein Haus mit vergleichbarer Grundstücksgröße, Wohnfläche und Baujahr kürzlich für 500.000 € verkauft. Dein Haus hat sehr ähnliche Merkmale – somit kann man diesen Preis als Anhaltspunkt nehmen. Eventuelle kleine Unterschiede werden durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt (etwa besserer Zustand +5 %, keine Garage −5 % etc.). Am Ende erhältst du so den Verkehrswert durch direkten Vergleich.
• Mittelbares Vergleichswertverfahren: Dieses wendet man an, wenn keine nahezu identischen Vergleichsobjekteverfügbar sind. Stattdessen vergleicht man mithilfe von Bodenrichtwerten und allgemeinen Marktdaten . Konkret: Für unbebaute Grundstücke nimmt man den Bodenrichtwert × Fläche als Wert. Für bebaute Immobilien kann man mit Vergleichsfaktoren arbeiten – z.B. durchschnittliche €/m²-Preise für ähnliche Objekttypen in der Region. Beispiel: Du möchtest den Wert deiner Eigentumswohnung schätzen. Du weißt aus Marktberichten, dass Wohnungen in deiner Lage etwa 3.500 € pro Quadratmeter erzielen. Deine Wohnung hat 80 m², also liegt der Vergleichswert ungefähr bei 80 × 3.500 € = 280.000 €. Nun prüfst du Besonderheiten: Hat deine Wohnung vielleicht einen besseren Ausblick als der Durchschnitt oder ist frisch renoviert? Dann könntest du etwas höher ansetzen, z.B. 290.000 €. Fehlen dagegen Features (kein Balkon o.Ä.), würde der Wert etwas darunter liegen.
In beiden Fällen – ob unmittelbar oder mittelbar – sind Bodenrichtwerte wichtige Hilfsgrößen. Der Bodenrichtwertwird von Gutachterausschüssen aus realen Kaufpreisen abgeleitet und gibt einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis für Baugrund in einer bestimmten Lage an . Gerade bei der Bewertung von Grundstücken ist er essenziell: Beispiel: Ein unbebautes Grundstück mit 700 m² in einer Gegend mit 400 €/m² Richtwert hat einen Bodenwert von 700 × 400 € = 280.000 €. Dieser Wert entspricht bei unbebauten Grundstücken direkt dem Verkehrswert . Bei bebauten Grundstücken fließt der Bodenwert in die Gesamtbewertung mit ein (wie wir es im Ertrags- und Sachwertverfahren gesehen haben).
Das Vergleichswertverfahren gilt als sehr marktnah, da es aktuelle Nachfrage und Angebot widerspiegelt. Wenn vergleichbare Objekte vorhanden sind, liefert es oft den zuverlässigsten Hinweis, was Käufer bereit sind zu zahlen . Allerdings muss man darauf achten, wirklich vergleichbare Fälle heranzuziehen – jede Immobilie ist etwas individuell. Gutachter führen dafür detaillierte Vergleichswertanalysen durch und nutzen Daten der Gutachterausschüsse, um z.B. Vergleichsfaktoren (Preis pro m² Wohnfläche, Faktor pro Zimmer, etc.) zu ermitteln. Für dich als Laien ist es hilfreich, kürzlich erzielte Preise in deiner Umgebung zu recherchieren (etwa über Immobilienportale oder Zeitungsannoncen) und diese als Orientierung zu nehmen. So bekommst du ein Gefühl, wo der Marktwert deiner Immobilie ungefähr liegt.
Verkehrswert und Marktwert: Was bedeuten diese Werte?
Der Verkehrswert – oft synonym als Marktwert bezeichnet – ist das Ergebnis einer Immobilienbewertung, also der geschätzte Preis, den deine Immobilie zum Bewertungsstichtag auf dem freien Markt erzielen würde . Dieser Wert wird „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse“ ermittelt . In anderen Worten: Der Verkehrswert ist ein objektiv ermittelter Marktpreis unter normalen Bedingungen. Er stellt keine Garantie dar, dass du genau diesen Preis erzielst, aber er dient als realistische Orientierung.
Oft gibt es Verwirrung zwischen den Begriffen Verkehrswert und Marktwert. Genau genommen sind sie gleichbedeutend – das Baugesetzbuch definiert den Verkehrswert ausdrücklich auch als Marktwert . In der Gutachter-Praxis spricht man meist vom Verkehrswert (z.B. im Verkehrswertgutachten), während in der Umgangssprache oft Marktwert gesagt wird. Beide meinen aber den wahrscheinlichen Verkaufspreis. Ein kleiner Unterschied ist manchmal im Gebrauch: Der Begriff Marktwert wird gelegentlich verwendet, wenn man eine qualitative Einschätzung meint („Was ist am Markt drin?“), während Verkehrswert eher mit der sachverständigen Berechnung assoziiert ist. Rechtlich relevant ist der Verkehrswert, etwa bei gerichtlichen Auseinandersetzungen, Besteuerungen oder Versicherungen.
Warum ist der Verkehrswert so wichtig? Für Verkäufer und Käufer dient er als Orientierung bei der Preisfindung – er verhindert, dass du als Verkäufer dein Haus unter Wert gibst oder als Käufer zu viel bezahlst. Bei einer Finanzierungwird die Bank ein Gutachten oder eine eigene Bewertung vornehmen, um den Beleihungswert festzulegen (der liegt oft etwas unter dem Verkehrswert, da die Bank Sicherheitsabschläge macht). In Erbschafts- oder Scheidungsfällen benötigt man oft ein Gutachten, um den Verkehrswert festzustellen, damit eine faire Aufteilung oder Besteuerung erfolgen kann. Auch für die Versicherungssumme (z.B. Wohngebäudeversicherung) spielt der Wert eine Rolle, wobei dort meist der Wiederaufbauwert (ähnlich dem Sachwert) zählt.
Merke dir: Der ermittelte Verkehrswert ist stichtagsbezogen. Marktpreise können sich ändern – steigt die Nachfrage, kann der Wert in einem Jahr höher liegen; in Krisenzeiten auch niedriger. Deshalb sollte eine Bewertung immer aktuell sein, wenn du Entscheidungen darauf basierst. Mit den beschriebenen Verfahren – Vergleichswert, Ertragswert, Sachwert – kannst du den Verkehrswert berechnen (bzw. berechnen lassen). Diese Methoden werden auch von Sachverständigen genutzt, um professionelle Verkehrswertgutachten nach der ImmoWertV zu erstellen. Im Alltag genügt oft schon eine vereinfachte Berechnung oder eine Online-Bewertung, um eine erste Einschätzung des Marktwerts zu bekommen.
Vergleich der Immobilienbewertungsverfahren auf einen Blick
Um dir die Entscheidung zu erleichtern, welches Verfahren für deine Immobilie am besten geeignet ist, findest du hier eine übersichtliche Vergleichsgrafik. Sie zeigt dir auf einen Blick, wo die Unterschiede zwischen dem Ertragswertverfahren, dem Sachwertverfahren und dem Vergleichswertverfahren liegen. Du erkennst sofort, welches Verfahren wann eingesetzt wird, welche Datengrundlagen notwendig sind und welche Vor- und Nachteile jedes Verfahren mit sich bringt. Schau dir die Grafik genau an – sie hilft dir dabei, das passende Verfahren für deine individuelle Situation zu wählen:
Online-Bewertung vs. Gutachter: Was ist der richtige Weg?
Heutzutage findest du im Internet zahlreiche Online-Immobilienbewertung-Tools. Diese Rechner versprechen, dir schnell und kostenlos einen ersten Wert zu liefern. Gleichzeitig gibt es den klassischen Gutachter (Sachverständigen), der ein ausführliches Verkehrswertgutachten erstellt. Beide Ansätze haben ihre Vorteile und Grenzen.
Online-Immobilienbewertung (Rechner) – Vorteile: Ein Online-Rechner ist schnell, bequem und meist kostenlos. Du gibst ein paar Eckdaten zu deiner Immobilie ein (Lage, Größe, Baujahr, Ausstattung etc.) und erhältst in Minuten eine grobe Wertspanne. Für eine erste Orientierung – etwa wenn du überlegst, ob sich ein Verkauf lohnt, oder einfach neugierig auf den Wert bist – sind solche Tools hervorragend. Sie basieren oft auf aktuellen Marktdaten und statistischen Vergleichswerten, sodass du einen Eindruck vom Marktwert bekommst, ohne gleich einen Experten zu beauftragen. Zudem sind sie anonym und unverbindlich: du kannst verschiedene Szenarien durchspielen, ohne Verpflichtung.
Grenzen der Online-Bewertung: Die Kehrseite ist, dass Online-Rechner standardisierte Annahmen treffen. Besondere Eigenschaften deiner Immobilie können nur begrenzt berücksichtigt werden. Hat dein Haus z.B. eine außergewöhnliche Architektur, einen wunderschönen Altbaucharme oder Mängel wie Feuchtigkeit im Keller, wird der Algorithmus das kaum akkurat einbeziehen. Die Genauigkeit hängt stark von der Datenlage ab: In Städten mit vielen Vergleichsdaten sind Online-Bewertungen tendenziell treffsicherer als in ländlichen Gebieten oder bei sehr individuellen Objekten. Außerdem liefert ein Online-Tool meist einen Schätzwert oder eine Spanne – das ist kein verbindlicher Preis. Für rechtliche oder finanzielle Entscheidungen (Erbschaft, Scheidung, Bankkredit) reicht diese Genauigkeit nicht aus.
Professioneller Gutachter – Vorteile: Ein Immobiliensachverständiger betrachtet deine Immobilie individuell und vor Ort. Er nimmt eine detaillierte Bewertung vor, inspiziert Bausubstanz, Ausstattung und Zustand persönlich und kennt die lokalen Marktverhältnisse genau. Sein Gutachten wird nach anerkannten Richtlinien erstellt und hat vor Gerichten, Behörden und Banken Bestand. Der Gutachter kann Besonderheiten wertmäßig berücksichtigen – sei es eine hochwertige Einbauküche, ein Denkmalschutz, eine kürzlich erneuerte Heizung oder nötige Reparaturen. Das Ergebnis ist in der Regel ein sehr präziser Verkehrswert, der schriftlich begründet ist. Für wichtige Entscheidungen (z.B. Immobilienkauf als Laie, Verkauf einer sehr hochpreisigen Immobilie, Vermögensaufteilung) liefert ein Gutachter die nötige Sicherheit und fundierte Argumentationsgrundlage.
Nachteile eines Gutachters: Natürlich hat das auch seinen Preis – ein vollumfängliches Verkehrswertgutachten kann je nach Objekt einige hundert bis ein paar tausend Euro kosten. Zudem dauert es einige Zeit: Termin zur Besichtigung, Datenbeschaffung und die Ausarbeitung des Gutachtens können einige Tage bis Wochen in Anspruch nehmen. Für den Alltagsgebrauch oder nur mal eben eine schnelle Einschätzung ist das meist überdimensioniert.
Wann reicht der Online-Rechner, wann braucht man einen Experten? Als Faustregel kannst du dir merken: Für eine erste Preiseinschätzung oder wenn du einfach neugierig bist, ist eine Immobilienbewertung online ideal. Planst du z.B. den Verkauf deines Hauses, kannst du mit dem Online-Tool einen Anhaltspunkt gewinnen, in welcher Größenordnung sich Angebote bewegen sollten. Auch beim Kauf kannst du so prüfen, ob der aufgerufene Preis im Rahmen liegt. Ersatz für einen Gutachter ist das aber nicht, insbesondere wenn es wirklich genau stimmen muss. Steht eine wichtige Entscheidung an oder die Immobilie hat besondere Eigenschaften, solltest du einen Experten hinzuziehen. Bei Erbschaftsstreitigkeiten, Scheidungen, Finanzierungsfragen oder wenn du einfach auf Nummer sicher gehen willst, ist das Geld für ein professionelles Gutachten gut investiert. In manchen Fällen bietet auch ein erfahrener Immobilienmaklereine Bewertungsdienstleistung an – Makler kennen den lokalen Markt und können oft kostenlos oder günstiger eine Werteinschätzung liefern, wenn du über sie verkaufen möchtest. Allerdings ersetzt auch das kein unabhängiges Gutachten, wenn Neutralität gefordert ist.
Kurz gesagt: Nutze Online-Bewertungen, um schnell einen ersten Wert zu erhalten. Greife auf einen Gutachter zurück, wenn du eine verbindliche und detaillierte Bewertung brauchst. Im besten Fall kombinierst du beides – starte mit dem Online-Rechner und hol dir dann bei Bedarf noch eine zweite Meinung vom Profi.
Fazit: So findest du den Wert deiner Immobilie + Tipp
Die Wertermittlung einer Immobilie ist kein Hexenwerk, aber doch eine komplexe Aufgabe, bei der viele Faktoren eine Rolle spielen. Wir haben die drei gängigen Verfahren kennengelernt:
• Beim Vergleichswertverfahren leitest du den Wert aus ähnlichen Verkäufen ab – super, wenn passende Vergleichspreise verfügbar sind.
• Das Ertragswertverfahren eignet sich für Renditeobjekte: Hier zählt, was an Miete reinkommt und welche Renditeein Käufer erwartet. Du berechnest aus Netto-Mietertrag und Liegenschaftszins den Verkehrswert.
• Mit dem Sachwertverfahren schaust du auf die Substanz: Was wäre es wert, das Gebäude neu zu bauen, abzüglich Alter, plus Bodenwert? Es ist hilfreich bei individuellen oder selbstgenutzten Objekten ohne viele Vergleiche.
Am Ende zielen alle Methoden darauf ab, den Verkehrswert bzw. Marktwert deiner Immobilie möglichst genau zu bestimmen – also den Preis, den du unter normalen Umständen erzielen kannst. Für dich als Eigentümer, Käufer oder Verkäufer ist dieses Wissen Gold wert: es hilft dir, gute Entscheidungen zu treffen und sicher aufzutreten, wenn es um den Preis geht.