Der Immobilienverband Deutschland (IVD) vereint rund 6.000 Mitgliedsunternehmen und ist damit der zahlenmäßig stärkste Berufsverband der deutschen Immobilienwirtschaft. Seine Mitglieder vermitteln jährlich etwa 40 Prozent aller Immobilientransaktionen im Land – über 405.000 Vermittlungen mit einem Volumen von knapp 95 Milliarden Euro. Rund 1.800 Wohnungsverwalter im Verband betreuen zusätzlich 3,5 Millionen Wohnungen bundesweit.
Doch was steckt hinter dem bekannten Siegel? Welche Hürden müssen Bewerber nehmen, was kostet die Mitgliedschaft tatsächlich – und für wen rechnet sie sich?
Inhaltsverzeichnis
Über 100 Jahre Verbandsgeschichte
Die Wurzeln reichen bis in die Weimarer Republik. Am 25. Oktober 1924 gründeten Immobilienfachleute in Köln den „Reichsverband Deutscher Makler” (RDM) – samt ethischer Leitlinien, den legendären „10 Geboten der R.D.M.-Makler”. Diese Selbstverpflichtung sollte seriöse Vermittler von schwarzen Schafen unterscheiden.
Nach dem Krieg erfolgte 1948 in Bacharach die Neugründung. Der RDM etablierte sich als wichtigste Stimme der westdeutschen Maklerbranche. Parallel entstand 1963 in Frankfurt der Verband Deutscher Makler (VDM). Jahrzehntelang konkurrierten beide Organisationen – bis am 28. August 2004 die historische Fusion gelang: 86 Prozent der RDM- und 91 Prozent der VDM-Mitglieder stimmten für die Verschmelzung zum heutigen IVD.
Die Bundesgeschäftsstelle sitzt in der Berliner Littenstraße. Seit 2023 führt Dirk Wohltorf den Verband als Präsident, Carolin Hegenbarth fungiert als Bundesgeschäftsführerin.
Übrigens: Einige RDM-Landesverbände lehnten die Fusion ab und arbeiten bis heute eigenständig weiter – etwa der RDM Berlin-Brandenburg. Das sorgt regional gelegentlich für Verwirrung.
Föderale Struktur mit sechs Regionalverbänden
Der IVD ist dezentral organisiert. Sechs rechtlich selbstständige Regionalverbände betreuen die Mitglieder vor Ort: IVD Nord (Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern), IVD West (NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland), IVD Mitte (Hessen, Thüringen), IVD Mitte-Ost (Sachsen, Sachsen-Anhalt), IVD Berlin-Brandenburg sowie der mitgliederstärkste Verband IVD Süd (Bayern, Baden-Württemberg) mit Geschäftsstellen in München und Stuttgart.
Diese Struktur ermöglicht regionale Nähe, führt aber auch zu unterschiedlichen Beitragshöhen und teilweise uneinheitlichen Standards. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Firmensitz – wer in mehreren Regionen tätig ist, kann Zweitmitgliedschaften erwerben.
Strenge Aufnahmevoraussetzungen
Die Hürden für eine IVD-Mitgliedschaft sind bewusst hoch. Der wichtigste Baustein ist der Sachkundenachweis. Anerkannt werden Abschlüsse wie Immobilienkaufmann (IHK), Immobilienfachwirt oder ein immobilienwirtschaftliches Studium. Wer keinen passenden Abschluss vorweisen kann, muss die IVD-Fachkundeprüfung ablegen – die Durchfallquote ist nicht unerheblich.
Für Quereinsteiger gibt es die vorläufige Mitgliedschaft: Wer alle anderen Voraussetzungen erfüllt, erhält zwei Jahre Zeit, den Sachkundenachweis nachzuholen.
Zusätzlich verlangt der Verband mehrjährige Berufserfahrung (typischerweise zwei bis drei Jahre), zwei Branchenreferenzen sowie eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit üblichen Deckungssummen zwischen 250.000 und 500.000 Euro. Für alle Mitglieder unterhält der IVD zudem eine Vertrauensschadenversicherung, die bei vorsätzlichem Betrug eines Mitglieds greift.
Mit dem Beitritt verpflichten sich Makler zur Einhaltung der IVD-Standesregeln: Wahrheitspflicht, Provisionstransparenz, Verbot von Lockvogelangeboten, Fairness gegenüber Wettbewerbern. Verstöße können Abmahnungen oder im Extremfall den Ausschluss nach sich ziehen.
Die Weiterbildungspflicht liegt bei 15 Stunden jährlich – deutlich über den gesetzlich geforderten 20 Stunden in drei Jahren. Seminare können bei den verbandseigenen Akademien DIA und EIA oder externen Anbietern absolviert werden.
Was kostet die Mitgliedschaft wirklich?
Jedes Mitglied zahlt einen Bundesbeitrag von 360 Euro jährlich. Hinzu kommt der Regionalbeitrag, der je nach Verband variiert.
Beim IVD West etwa beträgt der Gesamtbeitrag 850 Euro, die einmalige Aufnahmegebühr ebenfalls 850 Euro. Existenzgründer erhalten im ersten Jahr 50 Prozent Rabatt, im zweiten Jahr 75 Prozent. Der IVD Nord liegt bei etwa 1.000 Euro Gesamtbeitrag, der IVD Süd zwischen 900 und 1.000 Euro. Hinzu können Werbeumlagen, Filialbeiträge oder Staffelzuschläge für größere Unternehmen kommen.
Die Schnuppermitgliedschaft kostet 79 Euro monatlich, maximal zwölf Monate, monatlich kündbar. Sie bietet Zugang zu vielen Leistungen, aber nicht zum IVD-Logo. Auf ein Jahr gerechnet liegt sie mit 948 Euro über dem regulären Beitrag – sie lohnt sich also nur bei echtem Bedarf an Flexibilität.
Was Mitglieder für ihr Geld bekommen
Das IVD-Logo ist das bekannteste Qualitätssiegel der Branche. Laut Umfragen werten 75 Prozent der Verbraucher es als Qualitätsmerkmal – bei der Akquise kann das den entscheidenden Unterschied machen.
Die kostenlose Rechtsberatung durch Fachanwälte gehört zu den wertvollsten Leistungen. Hotlines für Maklerrecht, Wettbewerbsrecht, Steuerrecht und Datenschutz stehen bereit. Bei marktüblichen Stundensätzen von 100 bis 250 Euro amortisiert sich der Beitrag schon nach zwei bis drei Beratungsgesprächen.
Dazu kommen rechtssichere Musterverträge in Kooperation mit dem Boorberg-Verlag, der IVD-Wohnpreisspiegel mit Marktdaten zu über 400 Städten, vergünstigte Versicherungskonditionen und ein umfangreiches Weiterbildungsangebot mit Mitgliederrabatten.
Ein Alleinstellungsmerkmal ist die Schlichtungsstelle „Ombudsmann Immobilien”. Die vom Bundesamt für Justiz anerkannte Stelle ermöglicht die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten. IVD-Mitglieder sind zur Teilnahme verpflichtet, für Verbraucher ist das Verfahren kostenlos.
Was gegen den IVD spricht
Für Existenzgründer mit wenigen Abschlüssen im Jahr können 850 Euro plus Aufnahmegebühr eine spürbare Belastung sein. Die Aufnahmeprüfung stellt einen Mindeststandard sicher, danach erfolgt jedoch keine systematische Qualitätskontrolle – das Siegel ist keine Garantie für dauerhaft gute Arbeit.
Die föderale Struktur führt zu Qualitätsunterschieden bei Service und Veranstaltungen. Manche Regionalverbände sind sehr aktiv, andere arbeiten eher administrativ. Und das Aufnahmeverfahren kann mehrere Wochen dauern – wer schnell ein Qualitätssiegel braucht, ist hier falsch.
Alternativen zum IVD
Der BVFI positioniert sich als „Praxisverband” mit niedrigeren Einstiegshürden und kostenfreier Basismitgliedschaft. Der Fokus liegt auf Networking und Gemeinschaftsgeschäften – interessant für Einsteiger und kostenbewusste Makler, allerdings mit geringerer Verbraucherbekanntheit.
Der VDIV ist auf WEG- und Mietverwaltung spezialisiert und bietet Verwaltern spezifischere Angebote. Der ZIA als Dachverband der Immobilienwirtschaft richtet sich an größere Unternehmen und institutionelle Investoren.
Mehrfachmitgliedschaften sind möglich: IVD für das Qualitätssiegel kombiniert mit BVFI für Netzwerk oder VDIV für die Verwalterschiene.
Fazit
Der IVD bietet das etablierteste Qualitätssiegel der Maklerbranche – mit entsprechend hohen Anforderungen und Kosten. Die Kombination aus Aufnahmeprüfung, Pflichtversicherungen, Standesregeln und Ombudsstelle schafft Verbraucherschutz über gesetzliche Mindeststandards hinaus.
Die Mitgliedschaft lohnt sich für etablierte Makler mit Fokus auf Reputation, für Verwalter mit Anspruch an professionelle Standards und für alle, die Rechtsberatung, Marktdaten und Weiterbildung regelmäßig nutzen. Weniger sinnvoll ist sie für Gelegenheitsmakler, Einsteiger mit knappem Budget oder Makler im Niedrigpreissegment.
Wer drei bis vier Rechtsberatungen nutzt und zwei vergünstigte Seminare besucht, hat den Jahresbeitrag rechnerisch wieder herein. Am Ende ist es eine individuelle Rechnung – aber wer Qualität ausstrahlen will und die Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, macht mit dem IVD wenig falsch.
